Advent und Weihnachten sind voll von christlichen Traditionen. Gerade die gern besuchten Weihnachtsmärkte bieten hier aus Sicht des Projekts „Folge dem Stern!“ eine missionarische Chance, wenn Kirchen sich auf den Markt und zu den Menschen begeben. Haupt- und Ehrenamtliche aus Erfurter Stadtgemeinden haben sich für das Projekt aufgemacht und erschließen in fünf phantasievollen Angeboten auf dem Weihnachtsmarkt den christlichen Sinn von Advent und Weihnachten.
Viele Weihnachtsmärkte befinden sich in wunderschönen Altstädten mit ansehnlicher baulicher Kulisse, die die Atmosphäre prägt. Dazu gehören beeindruckende alte Kirchen, um die herum das weihnachtsmarktliche Treiben stattfindet. Aber diese Kirchen bleiben oft unberührt vom Getriebe rundherum. Sie bleiben dunkel und verschlossen, und das vielleicht zu Recht, „weil wir nicht so viel zu tun haben wollen mit dem Rummel und Glühweindunst“, so die Beobachtung von Maria Widl, Pastoraltheologin an der Universität Erfurt. Der Erfurter Weihnachtsmarkt ist durch seine beleuchtete Ansicht von Mariendom und Severikirche in dieser Hinsicht besonders attraktiv. Schon zu DDR‐Zeiten gab es hier ein buntes Treiben, in dessen Mittelpunkt Märchenfiguren standen. Spätestens als die Krippendarstellung, die nach der Wende zentral aufgestellt wurde, mit solchen Märchenfiguren verwechselt wurde, bot sich eine Steilvorlage dafür, bewusst Akzente zu setzen, Marktbesuchern durch verschiedene Angebote den christlichen Sinn von Advent und Weihnachten zu erschließen.
Das Projekt "Folge dem Stern!“ will deshalb Antworten auf diese Fragen geben. 2007 machte sich Professorin Maria Widl zum ersten Mal gemeinsam mit Studierenden der Kath.- Theol. Fakultät der Universität Erfurt auf den Weg, um den Besuchern des Erfurter Weihnachtsmarktes die Adventszeit näherzubringen. Im hektischen vorweihnachtlichen Treiben, zwischen Einkaufstüten und Glühwein, schufen die Studenten Orte der Begegnung und damit eine Brücke zu der Frage: Warum und wie feiern wir als Christen Advent? Sechs verschiedene Aktionen im Umkreis des Weihnachtsmarktes luden Passanten ein, über Advent, Glauben und Christsein Gespräch zu kommen.
Aktion 1: Der Stern als Wegweiser durch den Advent
Die Studierenden verschenkten 750 Strohsterne an die Weihnachtsmarktbesucher, zusammen mit einer adventlichen Karte, bedruckt mit einem Stern und einer Einladung zu weiteren Aktionen. Sie erzählten über ihre Projektidee und erklärten, dass Christen sich in der Adventszeit auf die Ankunft Jesu in der Welt vorbereiten.
Aktion 2: Die Krippe als Weihnachtsgeschichte
Die Krippe auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt versahen die Studenten mit drei Info-Ordnern, die Besucher zum Blättern und Stöbern anregten. Sie fanden darin u. a. Erklärungen zu Bedeutung und Ursprung der Weihnachtskrippe sowie Auszüge aus der biblischen Weihnachtsgeschichte.
Aktion 3: Erlebnisrundgang durch den Erfurter Dom
Ein Erlebnisrundgang führte die Besucher durch den dunklen, nur mit Kerzenwegen erleuchteten Erfurter Dom. An einzelnen Haltepunkten in der Kirche begegneten ihnen Gegenstände und Symbole mit adventlichem Bezug. Über einen tragbaren Audioguide erfuhren sie mehr – z.B. über ein Gemälde, das die Heilige Familie zeigt.
Aktion 4: Stille statt Trubel
Als Kontrast zum hektischen Treiben auf dem Weihnachtsmarkt errichteten die Studenten in der Severikirche neben dem Dom einen Ort der Stille. Warmer Kerzenschein und sanfte Choralmusik luden hier zum Innehalten und zur Besinnlichkeit ein. Mit Teelichtern steuerten die Besucher einzelne Lichtinseln an, an denen z.B. Texte über Engel und Sterne gelesen wurden.
Aktion 5: Zwischentöne
In dieser 20-minütigen Aktion stellte ein Quintett das Adventslied "Komm, du Heiland aller Welt" in mehreren musikalischen Variationen und Arrangements vor. Zwischen den Musikstücken begegnete der Advent den Zuhörern in Meditationen und Kunstwerken – z. B. der "Einhornjagd“, einem Gemälde, das die Ankündigung der Geburt Jesu darstellt.
Aktion 6: Adventsegen
Ein Adventssegen und eine Meditation über das Lichtmotiv begleiteten das Anzünden von Adventskranzlichtern auf den Domstufen und weckten das Interesse der Passanten an der Heiligen Messe. Grüne und rote Tücher auf dem Boden, bestückt mit Teelichtern, symbolisierten den Adventskranz.
Das Projekt sieht seine Aufgabe darin, einerseits, Inhalte und Wissen über die Hintergründe der Weihnachtsgeschichte und der Adventszeit zu vermitteln, und andererseits eine konkrete Erfahrung des Advents zu ermöglichen - beides, ohne dabei aufdringlich zu sein. Denn die Aktion richtet sich an Besucher und Laufpublikum des Weihnachtsmarktes, die in erster Hinsicht diesen zum Ziel haben. Sie richtet sich an Nichtchristen und explizit an Erwachsene, da das Christliche nicht in den Geschmack kommen soll, allein etwas für Kinder zu sein.
Ayline Plachta
Seelsorgeamt Erfurt
Regierungsstraße 44a
99084 Erfurt
Tel.: (0361) 6572-345
E-Mail
Maria Widl/Andrea Schulte: Folge dem Stern! Missionarische Projekte am Weihnachtsmarkt.
(EThSchr 36), Echter Verlag Würzburg 2009, (ISBN 978-3-429-03033-9).